Endlich ist es fertig, mein Werk zum Thema „Hülle & Zeit“. (Das ist das MittwochsMix-Thema von Michaela und Susanne im September.) Zeit braucht ihr auch, um diesen Beitrag zu lesen, er ist nämlich ziemlich lang… Verhüllen hingegen müsst ihr euch nicht 😉
Diesmal ist es wieder ein Büchlein geworden und zwar eines, in dem ich im nächsten Jahr Augenblicke sammeln möchte. Gewissermaßen eine Hülle für (schöne, erinnernswerte, wertvolle…) Zeit. Ich habe dafür die „Piano Hinge Binding“ – die Juli-Bindetechnik meines Online-Buchbindekurses – ausprobiert.
„So ist es das Leben“ – zumindest ein Teil von meinem Leben…
Das Büchlein besteht aus 7 Doppelseiten aus Karton, von denen zwei jeweils als Front- und Backcover zusammengeklebt wurden. Zusammengehalten wird mein Büchlein mit 6 Aststückchen eines Haselnussstrauches.
Wen es interessiert: ganz unten im Beitrag habe ich beschrieben, wie die Bindung gemacht wird.
Die erste Seite soll mich daran erinnern, dass nicht alles im Leben perfekt sein muss. Es darf in Zukunft ruhig etwas mehr „Wabi Sabi“ einziehen.
Auf der nächsten Seite werden meine Wabi Sabi-Momente gesammelt.
Und zwar auf einer Karte, die man hinter den pinkfarbenen Gummi einklemmen kann.
Ich möchte alle meine „Augenblicke“ auf solchen Karten sammeln und am Ende des Jahres ganz unkompliziert mit Buchringen zusammenbinden. So kann ich mein Büchlein auch die kommenden Jahre als „Zeithülle“ nutzen.
Die dritte Seite ist eine Ermunterung zu neuen Abenteuern.
In der aufgenähten Tasche haben meine „Mutausbrüche“ Platz.
Tom und ich haben in diesem Jahr das Wandern für uns wiederentdeckt. Manchmal führen uns die Wege auch hoch hinaus…
Hinter dem neonpinken Chiffonband werde ich unsere kleinen und großen Touren im nächsten Jahr sammeln.
Es gibt so vieles, was mein Leben reicher macht: schöne Musik, tolle Bücher, nette Kreativtreffen, wie die Papierliebe am Samstag, leckere, neue Rezepte, schöne Veranstaltungen aller Art…
All das kommt in die weiße Tasche aus handgeschöpftem Papier.
Ach ja, die Bücher… so schöne, inspirierende Zitate und Aussprüche finden sich oft in ihnen.
Damit ich sie nicht vergesse, sammle ich sie hinter dem Chiffonband.
Hier sieht man die Seite ein bisschen größer…
Und hier die daneben…
Die letzte Seite ist, wie das Leben überhaupt, eine Wendeltreppe ins Wagnis.
Und so sieht mein Büchlein von hinten aus.
Wer jetzt wissen möchte, wie man die „Piano Hindge“-Bindung macht, liest weiter.
Sie ist nicht wirklich schwer, nur ein wenig schwierig für mich zu erklären.
Ihr braucht festes Papier (SnapPap, Tonkarton etc.) aus dem ihr die Seiten und die Buchdeckel macht. Ich habe Versandtaschen aus Karton verwendet, was sich im Nachhinein nicht als die günstigste Wahl herausgestellt hat.
Meine Seiten hatten aufgeklappt das Maß 34 cm × 11,5 cm.
Dann braucht ihr so viele dünne Stöckchen (Schaschlikspieße, Holzstäbchen etc. – sie sollten eine einigermaßen glatte Oberfläche haben) wie ihr Heftseiten habt und noch eines zusätzlich. (Die zwei Seiten, die die Buchdeckel ergeben, werden nicht als Heftseiten gezählt.)
Zuerst wird der Umfang des Stöckchens, wie auf dem Foto zu sehen, mit Hilfe eines Stückchen Papieres ermittelt.
In meinem Fall waren es 2 cm. Ich habe eine Pappschablone mit etwas Zugabe gemacht, also mit 2,5 cm.
Diese Schablone legt man erst rechts und dann links an den Rand des Papieres, das die Seite bilden soll, und macht eine kleine Markierung.
Jeder Rand wird nun zu der gegenüberliegenden Markierung gefaltet, so dass in der Mitte nun zwei Knicke sind, die die Breite des Buchrückens darstellen. Im Bild unten kann man diese Markierungen noch ein wenig sehen. Zwischen ihnen sind die Schlitze, durch die die Stöckchen gesteckt werden:
Ich habe sechs Schlitze gemacht, man kann auch mehr oder weniger Schlitze machen als ich. Wichtig ist nur, dass es eine gerade Anzahl von Schlitzen ist.
Der obere und der untere Schlitz sind jeweils 1,3 cm vom Rand entfernt. Die anderen werden gleichmäßig über die verbleibende Länge verteilt. Die Breite der Schlitze richtet sich nach eurer Faltmarkierung von oben, also der Breite des Buchrückens.
Ich hatte für meine Seiten Karton von Versandtaschen genommen, den ich mit Buchseiten beklebt hatte. Wie ihr seht, hat der Rücken das viele Knicken nicht gut überstanden und das Papier der Buchseiten ist gebrochen. Ich habe dann einfach einen Streifen Buchbindeleinen darübergeklebt und dann war es super.
Beim nächsten Mal würde ich es gleich so machen. (Oder anderes Papier verwenden, das nicht so leicht bricht)
Man klappt nun die Seite zusammen und faltet die geschlitzten Abschnitte des Rückens wie folgt: den ersten nach vorne, den zweiten nach hinten, den dritten nach vorne usw. In meinem Fall sind nun, wie auf dem Foto zu sehen, vier Abschnitte nach vorne geknickt und drei nach hinten.
Die beiden Seiten für die Buchdeckel werden erst noch beiseite gelegt.
Wir starten mit Seite eins. Diese liegt auf meinem Bild links und wird umgedreht, so dass die Vorderseite mit den vier Abschnitten nach unten zeigt. Die Rückseite mit den drei Abschnitten liegt oben. Die zweite Seite (sie liegt auf dem Foto rechts) liegt mit der Vorderseite nach oben, so dass die vier geknickten Abschnitte nun das Gegenstück zu denen der Seite eins bilden.
Durch diese einzelnen Abschnitte wird nun das Stöckchen gesteckt. Die vier Abschnitte von Seite eins, die nach hinten zeigen brauchen wir erst mal nicht. Wenn man jetzt Seite zwei sozusagen „umblättert“, liegen die verbleibenden drei Abschnitte oben und bilden nun das Gegenstück zu den vier Abschnitten von Seite drei. Auf die gleiche Art und Weise werden die Seiten weiter ineinandergestesteckt, bis man bei der letzten Seite angelangt ist. (Noch nicht beim hinteren Deckel!)
Da man als Gegenstück für die letzte Seite ja nur die vier Abschnitte des Buchdeckels benötigt, die nach vorne geklappt sind, werden die drei, die nicht benötigt werden, nach innen geklappt, wie auf dem Foto zu sehen. Später wird der Buchdeckel zusammengeklebt und die drei versteckten Laschen verschwinden.
Beim vorderen Buchdeckel ist es genau umgekehrt: Man benötigt als Gegenstück zu Seite eins drei Abschnitte und die vier verbleibenden werden nach innen geklappt. (Siehe Foto)
Der vordere Buchdeckel wird nun mit einem Stöckchen mit Seite eins verbunden, der hintere Buchdeckel mit der letzten Seite.
Sowohl der vordere als auch der hintere Buchdeckel werden nun mit Buchbindeleim zusammengeklebt. Auf dem Foto klebe ich gerade den hinteren zusammen.
Am besten ist es, man klebt erst den einen Buchdeckel zusammen und presst ihn eine Weile, bevor man sich dem zweiten widmet. Ich habe mir für das Pressen eine Konstruktion gebastelt 😉
Der Versandtaschenkarton hat sich auch beim Durchstecken der Stöcke nicht als günstig erwiesen, zumal meine Aststückchen nicht total ebenmäßig waren. Manche Seiten sind innen einigermaßen heil geblieben, andere habe ich ziemlich beschädigt. War jetzt nicht weiter schlimm, da ich diese Stellen beim Gestalten meiner Innenseiten einfach kaschiert habe. Aber wenn man andere Materialien verwendet, passiert dies nicht – und das ist ja auch nicht schlecht…
Also, falls ihr diese Technik mal ausprobieren wollt: viel Spaß damit!
9 Antworten
Wow. Ganz grosse Klasse. Danke für die detaillierte Beschreibung. Ich glaube, ich werde auch ein bisschen mehr Wabi Sabi in mein Leben lassen.
Liebe Grüße Ute
Boah, was ist das toll! Das sieht gar nicht aus, als müsste es noch gefüllt werden, es ist fertig. Also du steckst dann in die Taschen und hinter das Chiffon nur einzelne Zettelchen, oder wie willst du es vollenden?
Danke auch für die Anleitung, sieht genial aus.
Liebe Grüße und dicken Mittwochsgruß
Michaela
Nein, an dem Büchlein mache ich nichts mehr. Es ist tatsächlich fertig und nur „Halter“ für meine Momente, die ich auf Karten schreiben möchte.
Nächste Woche habe ich mehr Zeit und muss dann noch mal wiederkommen zum intensiven Gucken!
Bis dahin – liebe Grüße – Ulrike
wow, toll geworden. ich hab heute auch zwei mit dieser Bindung gepusselt. Dein Büchlein ist sehr schön. Liebe Grüße, Eva
wow!! ich bin völlig begeistert!! die bindung kommt mir etwas kompliziert vor und ist nicht so das richtige für mich. aber die seiten finde ich einfach genial gemacht und wunderschön. deine vielen tollen details sind sehr inspirierend! ich mach jetzt erstmal urlaub, da ist sowieso wabi-sabi angesagt :))
liebe grüße
mano
Sieht toll aus. Muss ich unbedingt mal ausprobieren. Vielen Dank für die Anleitung!
Das ist sehr sehr zauberhaft geworden, Andrea! Vielen Dank auch für die Anleitung, vielleicht wäre das auch mal ein tolles Projekt für eine Papierliebe? Auf jeden Fall sieht es so fertig mit allen Inhaltsseiten phänomenal aus! Und ganz und gar phänomenal ist auch das hübsche Heftchen, das ich gestern bei meiner Urlaubsrückkehr in Empfang nehmen durfte! Vielen lieben Dank nochmals! So in groß und echt wirkt das noch besser 🙂 Was bin ich für ein Glückskind! Danke!
LG. Susanne
Ich bin völlig hingerissen von dieser Art der Bindung! Und ich glaube, das mit dem Wabi-Sabi hast Du voll im Griff!
Ganz liebe Grüsse, Stefanie.