16. April 2018 – zerrissener Traum…

Mascha Kalékos „Langschläfers Morgenlied“ war diesmal die kreative Herausforderung von Andrea Holunders Eye Poetry:

Langschläfers Morgenlied

Der Wecker surrt. Das alberne Geknatter
Reißt mir das schönste Stück des Traums entzwei.
Ein fleißig Radio übt schon sein Geschnatter.
Pitt äußert, daß es Zeit zum Aufstehn sei.

Mir ist vor Frühaufstehern immer bange.
… Das können keine wackern Männer sein:
Ein guter Mensch schläft meistens gern und lange.
– Ich bild mir diesbezüglich etwas ein …

Das mit der goldgeschmückten Morgenstunde
Hat sicher nur das Lesebuch erdacht.
Ich ruhe sanft. – Aus einem kühlen Grunde:
Ich hab mir niemals was aus Gold gemacht.

Der Wecker surrt. Pitt malt in düstern Sätzen
Der Faulheit Wirkung auf den Lebenslauf.
Durchs Fenster hört man schon die Autos hetzen.
– Ein warmes Bett ist nicht zu unterschätzen.
… Und dennoch steht man alle Morgen auf.

Mascha Kaléko

Meine erste Assoziation dazu war, in einer Collage den zerrissenen Traum zu symbolisieren. Aus ihr wollte ich dann ein Buch machen, diesmal mit japanischer Bindung.
Es ist erst meine zweite Collage und sie ist fast zeitgleich mit meiner Collagensammelmappe entstanden. Irgendwie ist während des ganzen Prozesses so einiges schief gelaufen, so dass mein Buch auch „das Buch der sechs Ach Mann’s“ heißen könnte.
Ehrlich gesagt, waren es viel schlimmere Sachen, die ich ausgerufen habe. Gehen wir lieber mal nicht näher darauf ein 😉

Weil ich bei der ganzen Werkelei mehrmals kurz vor diversen Nervenzusammenbrüchen und Wutanfällen stand, habe ich es versäumt, Fotos vom Entstehungsprozess zu machen. (Eigentlich schade; wäre ganz interessant gewesen) Heute gibt es also mehr zu lesen…

Für meine Traumcollage habe ich einen aus der „Zeit“ ausgeschnittenen Himmel mit allerlei Traumelementen (Einhorn, fliegender Fisch, Himmelsschaukel…) beklebt und anschließend entzwei gerissen. Damit das Ganze einen unwirklichen Traumcharakter bekommt, habe ich auf die beiden Teile eine Lage Serviette mit Serviettenkleber geklebt. Da der Untergrund dünnes Zeitungspapier war, hat sich dieses durch den feuchten Kleber stark gewellt; beim Versuch, es feucht zu pressen, ist mir ein Stück Fisch an der Plastiktüte, die ich extra zwischengelegt hatte, hängengeblieben. (= 1.“Ach Mann“)
Ich war kurz davor, das Ganze wegzuschmeißen und eine neue Collage anzufertigen. Ich habe dann aber doch nochmal probiert, wie es auf farbigem Untergrund aussieht. (Irgendwie mische ich mir grad immer eine Art „Morgentau“-Farbe zusammen. Sie scheint mir zu gefallen😉)
Mit meinen Lieblings-Silber-Luftpolsterfolientupfen „drübergestreut“ hat mir mein Werk nun doch ganz gut gefallen und der arme Fisch wurde repariert.

Mit weißem Gelstift habe ich dann den Text geschrieben und den Wecker aufgeklebt. Der ist ja (leider) ganz real und bekam daher keine „Weichzeichneroptik“.

Die Rückseite kommt eher schlicht daher: einfarbig mit Silberdruck:

Auf den Spiegel (d.h. die Rückseite des Buchdeckels) wollte ich das ganze Gedicht von Mascha Kaléko von Hand schreiben. Damit alles schön grade wird, habe ich mit Bleistift Linien gezogen. Die hat man nach dem Radieren aber immer noch gesehen… Grrrr! (= 2.“Ach Mann“) Also habe ich den Text eben ganz schnöde mit dem Computer geschrieben…

Fast fertig, dachte ich mir, nur noch schnell mit einer Ahle die Buchdeckel für die japanische Bindung lochen. Blöderweise habe ich den unteren Buchdeckel dabei falsch herum unter den ersten gelegt (mit dem Spiegel nach oben…) und es erst nach dem Lochen gemerkt. Das heißt, die Löcher vom oberen Deckel passten nicht mit denen vom unteren zusammen. (= 3.“Ach Mann“)
Nach einem kurzen Frustmoment habe ich einen neuen Deckel gemacht. Dabei musste ich zuvor das Einbandpapier neu färben und mit der Luftpolsterfolie die silbernen Bläschen aufdrucken. Im Eifer des Gefechts habe ich das Eimerchen mit silberner Siebdruckfarbe vom Tisch gefegt… Unser Wohnzimmerparkett im Silberbad! (= 4.“Ach Mann“)

Er wurde dann aber schließlich dochfertig, mein rückwärtiger Buchdeckel. Ich habe gleich noch einen gemacht, damit ich für den falsch gelochten ein Pendant habe. Jetzt kann ich ein zweites Buch binden… irgendwann…

Das 5.“Ach Mann“ war vergleichsweise harmlos. Das Einbandpapier des Spiegels ist an der Knuckstelle gerissen. Mit Washitape war das aber leicht zu beheben…

Endlich konnte ich meine Deckel und den Buchblock zusammennähen. Das Garn war so dick, die Löcher so klein… ich habe herumgezogen und mit der Nadel hantiert, alles mit der Rückseite nach vorne. Als ich schließlich das Buch umgedreht habe, war mein „Cover“ blutverschmiert. Ich habe mir in den Finger gestochen und es nicht gemerkt. (= 6. „Ach Mann“)

Zum Glück konnte ich es durch die Serviettenlackschicht gut wegwischen.
ENDLICH FERTIG! Ich bin sehr stolz, dass doch etwas aus meiner Traumidee wurde!

Was ich in mein Buch reinschreiben werde, weiß ich noch gar nicht. Aber da fällt mir bestimmt was ein.

Danke, Andrea, für die tolle Eye-Poetry-Aktion! Ich finde es immer wieder schön, sich länger mit einem Text zu beschäftigen.