22. März 2017 – „Schmettengel“ oder: es ist genug…


In meinem Fastenkalender „wandeln“ habe ich am Montag einen sehr schönen Text von Susanne Niemeyer entdeckt:

„Es ist genug“, sagt dieser Kerl, der seit Tagen auf meiner Fensterbank sitzt und behauptet, er sei ein Engel. „Es ist genug“, sagt er und nickt mir aufmunternd zu.
Ich weiß nicht, woher er das weiß, aber er sagt es zu allem: zu einem Text, mit dem ich hadere. Zu einem Geburtstagsbuffet, das nicht reichen könnte. Zu meinem Kontostand. Zu meiner Sorge, keinen Schlaf zu bekommen und unausstehlich zu sein. Zu all den halbfertigen Sachen, dem bisschen Klavierspiel, den sporadischen Gebeten in der Nacht.
Er sagt es zu meinem regelmäßig auftauchenden schlechten Gewissen. Zu meiner bangen Frage, ob ich nicht hätte alles ganz anders machen sollen. „Es ist genug.“
Das Merkwürdige ist, immer passt dieser Satz. Wollte ich ihn anfangs noch anfahren, dass er das doch gar nicht wissen könne, wurde ich mit der Zeit immer ruhiger, ja, ich erwarte seine helle Stimme. „Es ist genug.“
Und eines Morgens antworte ich, selbstvergessen und ohne nachzudenken sage ich „Amen“. So soll es sein.
(Susanne Niemeyer)

Mich hat dieser Text sehr angesprochen, habe ich doch stets das Gefühl zu wenig oder die Sachen nicht gut genug zu machen… Also wollte ich auch so einen „Es ist genug“-Engel haben!!! Zwischen von der Arbeit heimkommen und Mittagessen kochen, mit meinem Sohn zum Arzt gehen usw. habe ich mir auf die Schnelle einen aus Treibholz, Draht und Papier gebastelt.
Da er aber zugegebenermaßen ein wenig an einen Schmetterling erinnert, ist es eben ein Schmettengel geworden…

Da steht er nun auf meinem kleinen Tischchen und flüstert: „Gut genug!“